Entwicklung, Einsatz und Überwachung von neuen Werkstoffen: Die täglichen Herausforderungen unserer Kunden sind auch unsere. Hierzu wollen wir heute einen Einblick in unsere Denkweisen und Vorgehen geben.
Am Anfang steht seit der Steinzeit die Auswahl des richtigen Rohstoffes. Im Idealfall bringt dieser die gewünschten Eigenschaften für die Anwendung bereits mit. So begaben sich unsere Vorfahren auf den Weg zu einem nahegelegenen Tonvorkommen, um Schalen für den täglichen Gebrauch herzustellen.
Heute ist dieser Weg natürlich geprägt von der Recherche nach Informationen zur besten chemischen Zusammensetzung, zur Kornform oder zur Korngrößenverteilung für die gewünschte Anwendung.
Ist der richtige Basis-Rohstoff – chemisch gesehen – ausgewählt, werden im Rahmen der Eingangskontrolle wichtige physikalische Kenngrößen des Pulvers bei uns im Haus ermittelt, um das Datenblatt zu validieren.
Denn speziell beim 3D-Druck sind die Korngröße, -form und -verteilung wichtige Einflussfaktoren. Es ist leicht vorstellbar, dass Körner mit einem Durchmesser von 50 µm beim Binder-Jetting Probleme verursachen, wenn die Schichtdicke 25 µm betragen soll. Noch unschöner ist es, wenn grobe Körner die Düse des 3D-Extruders verstopfen. Gleichzeitig neigt aber zu feines Korn zur Agglomeration, was ein ungleichmäßiges Druckbett und eine nicht homogene Verteilung von chemischen Bestandteilen in der Rohstoffmischung verursachen kann – was erst später bei der Untersuchung im REM/EDX auffällt.
Daher ermitteln wir neben der Korngrößenverteilung mittels klassischer Siebung oder Lasergranulometrie die Schütt- & Klopfdichte. Dies erfolgt über Wiegen und Verdichten des Pulvers (Abb. 1).
Neben der Validierung des Datenblattes erhalten wir zudem einen Eindruck davon, wie sich das Pulver als Druckpaste oder im Pulverbett verhalten wird, was oftmals noch nicht ideal ist. Noch dazu sind viele Hochleistungswerkstoffe wie technische Keramiken deutlich komplexer in ihrer chemischen Zusammensetzung als der Ton, den unsere Vorfahren für Töpferarbeiten verwendet haben. In einem Zwischenschritt müssen daher Rohstoffmischungen mittels geeigneter Kombinationen hergestellt und optimiert werden – immer mit dem Fokus auf der späteren Anwendung des Werkstoffes.
So lässt sich die Sintertemperatur durch geeignete Korngrößenkombinationen anpassen, andere Mischungen senken oder erhöhen die Reaktivität einzelner chemischer Komponenten. Aber auch Prozesse wie das Abbindeverhalten oder die Interaktion mit unserer Tinte, die parallel entwickelt wird, werden hier gesteuert. Im Fall der Tinte, welche beim Binder Jetting im Pulverbett die Bauteile definiert, sind wiederum andere Parameter wie die Viskosität, die Oberflächenspannung oder der Füllgrad mit Partikeln von enormer Bedeutung und beeinflussen die Eigenschaften der Grünkörper und gesinterten Bauteile.
Über verschiedene Additive und Binder werden die Eigenschaften gezielt modifiziert, um z.B. die Grünfestigkeit, Oberflächenaktivität, Viskosität oder den Grad an keramischen oder metallischen Partikeln zu erhöhen. Später werden erste Mischungen für die Materialextrusion oder andere additive Fertigungsverfahren erstellt oder Sinterversuche gestartet, um die Verarbeitbarkeit auf den Maschinen und die richtige Sinterung bewerten zu können. Schichtdicken, die Sättigung des Pulvers mit Tinte, die Auswahl der richtigen Düse, aber auch die Aufheiz- und Abkühlraten beim Sintern sind hier entscheidende Parameter.
Sind auch hier alle Abstimmungen erfolgt, fertigen wir zuerst Prüfkörper, um das neu entwickelte Material analytisch zu bewerten. Denn auch wenn die Theorie und das Druckbild einen einwandfreien Werkstoff versprechen, wirft die Praxis Fragen auf, die nur analytisch beantwortet werden können: Stimmt die Interaktion von Tinte und Pulver? Ist das Gefüge für den Zweck angemessen? Wie hoch ist die Festigkeit?
Hier werden meistens mehrere Zyklen gefahren, um weitere Anpassungen im Druck oder im Sinterprozess vorzunehmen, bevor es an die Fertigung des finalen Bauteils geht.
Durch regelmäßige (Web-)Meetings binden wir Sie in die Entwicklungs(fort)schritte mit ein und dokumentieren unsere Arbeiten, um später eine Übertragung in die Serienfertigung oder zu weiteren Entwicklungen zu ermöglichen.