2023 war ein ereignisreiches Jahr bei WZR – insbesondere in Hinblick auf die Neuerungen in unserem 3D-Drucker Sortiment. Mit unserem VPP–Drucker CeraFab S65 von Lithoz haben wir nun ein weiteres AM Verfahren im Haus, dessen Möglichkeiten wir auch direkt für unser öffentlich gefördertes Projekt Redox3D in vollen Zügen ausschöpfen.
Das Material, das für dieses Projekt verwendet wird, ist die Funktionskeramik Ceroxid. Nur die wenigsten werden diesem speziellen Oxid bereits begegnet sein, daher ist es auch nicht verwunderlich, dass keine kommerziellen VPP-Suspensionen für dieses Material verfügbar sind.
Die Entwicklung der Suspension für VPP beginnt bei diesem Projekt daher von Grund auf.
Doch wie ist da die Herangehensweise?
In diesem Beitrag möchten wir Ihnen einen Einblick in den Tagesablauf unseres Engineering-Teams geben, das an der Suspensionsherstellung arbeitet.
Bevor wir jedoch bei der Herstellung der Suspension beginnen, möchten wir noch einmal den VPP Prozess erklären.
VPP ist eine Abkürzung für Vat-Photopolymerisation. Genauer betrachtet setzt sich der Begriff also aus dem englischen Wort für Wanne/Behälter und dem chemischen Prozess der Vernetzung von Molekülen (Polymerisation) durch Licht zusammen. In der Praxis bedeutet das, dass sich eine Polymermischung (mit Partikeln) in einer Glaswanne befindet, der von unten oder oben belichtet werden kann. Fährt nun eine Bauplattform in diese Suspension, wird durch die selektive Belichtung an gewünschter Stelle (z.B. Umriss des Bauteils) die Polymerisation gestartet. So wird das Bauteil Schicht für Schicht aufgebaut.
Bis zu diesem Punkt ist es jedoch ein langer Weg, der viele Testversuche beinhaltet.
An erster Stelle steht auch bei der Suspensionsherstellung die Auswahl des Pulvers. Generell ist bei VPP, wie auch bei anderen additiven Fertigungsverfahren auf die Korngröße zu achten, denn diese hat einen großen Einfluss auf die Festigkeit, Stabilität beim Druck und Kantenschärfe des Bauteils. Zudem spielt bei VPP zusätzlich der Brechungsindex der Partikel eine wichtige Rolle, da er die Aushärtetiefe der Suspension beeinflusst.
Aktuell arbeiten wir mit einem Ceroxidpulver, das wir auf eine Korngröße von ca 1-2 µm aufmahlen. Nachdem das Ceroxid-Pulver die richtige Korngröße hat, kann es zusammen mit dem Photopolymer, dem Photoinitiator und dem Co-Initiatior eingewogen werden. Da die Photoinitiatoren bei Kontakt mit UV-Licht reaktiv werden, darf nun die Mischung nicht mehr mit Licht in Kontakt kommen. Aus diesem Grund haben wir in unserem VPP-Labor auch die Fenster mit orangener Folie abgeklebt. Da der Feststoffanteil in der Suspension möglichst hoch sein soll, verwenden wir zudem Verflüssiger, um eine fließfähige Suspension zu erhalten
Bei dem richtigen Mischungsverhältnis von Pulver zu Organik hat die Suspension in etwa die Konsistenz von geschmolzener Schokolade. Das ist deutlich dünnflüssiger als die Pasten, die wir für den 3D-Siebdruck oder die Material Extrusion verwenden, jedoch nötig, damit sich die Suspension gut und gleichmäßig in der Wanne verteilen lässt. Anschließend erfolgt bereits das Befüllen des Gerätes und vereinfacht kann der Druck gestartet werden.
Als erstes „drucken“ wir eine sogenannte Adhesive Layer über die gesamte Fläche der Bauplattform. An dieser sollen die Bauteile haften und können anschließend gut und zerstörungsfrei von der Plattform gelöst werden. Erst danach wird die erste Schicht des Bauteils aufgedruckt.
Die Zeit, der der Druck eines Bauteils benötigt, richtet sich bei VPP nach der Belichtungszeit und der Schichtdicke. Da Ceroxid zum Beispiel einen hohen Brechungsindex besitzt ist die Aushärtetiefe gering. Daher arbeiten wir mit Schichtdicken von 10 µm. In Kombination mit einer langen Belichtungszeit dauert der Druck von einem Bauteil mit ca. 20 mm Höhe schon über 17 Stunden, daher ist es immer gut, mehrere Bauteile gleichzeitig auf der Plattform zu positionieren. Sollten Überhänge vorhanden sein, muss zudem darauf geachtet werden, dass Stützstrukturen eingebracht werden. Auch bei schweren/großen Bauteilen sollte darauf geachtet werden, dass diese genug Halt an der Bauplattform haben, denn nichts ist ärgerlicher, als am nächsten Morgen zu sehen, dass das lang ersehnte Bauteil halbfertig in der Wanne liegt, weil es zu schwer war und abgefallen ist. Auch unser Engineering-Team musste diese Erfahrungen machen, da sich jede Additiv-Mischung und jedes Bauteil anders verhalten.
Doch nicht nur der Druckprozess bedarf einiger Entwicklung. Sobald der Grünkörper von der Bauplattform entfernt und gereinigt wurde, muss die Organik, die bis zu 50 % des gesamten Volumens ausmacht, ausgebrannt werden. Um dabei das Bauteil nicht zu beschädigen, muss die Entbinderungskurve gut an die entsprechenden Additive angepasst werden. Hierbei die richtige Kombination aus so schnell wie möglich und so schonend wie nötig zu finden, ist der entscheidende Punkt. Eine TGA/DSC oder eine Dilatometermessung können dabei gute Hinweise darauf geben, in welchen Temperaturbereichen Haltezeiten eingebaut werden müssen. Bei unseren Ceroxid-Bauteilen dauert die Entbinderung nach aktuellem Stand zum Beispiel etwa eine Woche.
Erst, wenn die Bauteile die Entbinderung rissfrei überstanden haben, kann der Sintervorgang begonnen werden. Die Sintertemperatur richtet sich hier wie auch bei anderen additiven Fertigungsverfahren nach dem Material und der Korngröße– bei unserem Ceroxid liegt diese zum Beispiel zwischen 1600°C und 1650 °C.
Wer unseren Stand auf der Formnext 2023 besucht hat, wird die Terracotta-farbigen Bauteile aus CeO2 bereits gesehen haben. Mittlerweile sind auch erste REM-Bilder von unserem Material dazugekommen.