Keramische Membranen gewinnen zunehmend an Interesse, da sie der Kraftstoff- und Chemieindustrie einen Weg zur Nutzung erneuerbarer Ressourcen eröffnen (Power to X, chemische Energiespeicherung, CO2-Konversion, Power to Chemicals). Sie finden Anwendung in der Elektromotorik als Brennstoffzelle, Elektrolysezelle, aber auch bei der Herstellung von Grundchemikalien mit hohem Wertschöpfungspotential. Bei diesen Anwendungen handelt es sich um hochkomplexe Systeme in denen chemischen Prozesse (Molekülzerlegung in Ionen und Rekombination von Ionen zu Molekülen) an der keramischen Membran stattfinden und katalytisch gesteuert sind.
Was ist eigentlich die Aufgabe einer keramischen Membran?
Keramische Membranen sind Teil von Membranreaktoren, wobei beidseitig die Aufbringung eines Katalysators obligatorisch ist. Membranreaktoren werden eingesetzt, um Gase – meist niedermolekulare Gase wie Wasserstoff oder Kohlen-Wasserstoffe – selektiv zu trennen, und um damit chemische Reaktionen effizient zu steuern.
Die Hauptaufgaben der keramischen Membran in diesem System sind vereinfacht in zwei Bereiche eingeteilt:
- Einerseits stellen sie eine Permeationsbarriere dar, das heißt, sie sind gasdicht und damit undurchlässig für an der Reaktion beteiligte Moleküle.
- Andererseits sind sie Transportmedium für bestimmte Ionen. Daher spricht man auch von keramischen Elektrolyt-Membranen.
Grundsätzlich kann zwischen vier verschiedenen Membranfunktionalitäten unterschieden werden:
- Sauerstoff-Ionen (O2-) leitende Membranen
- Protonen (H+) leitende Membranen
- sogenannte MIEC (mixed ionic-electronic conducting) Membrane, also O2-/e–– leitende und H+/e–– leitende Membranen.
Je nach Anwendungsfall wählt man den passenden Membrantyp aus: Reine Ionenleiter-Membranen können als elektromotorische Erzeuger (Brennstoffzelle) oder als elektromotorische Verbraucher (Elektrolysezelle) genutzt werden, MIEC-Membranen brauchen keine elektrische Kontaktierung und empfehlen sich für industrielle Prozesse. Schematisch zeigt die nachfolgende Abbildung die verschiedenen Typen.
Warum werden Keramiken dafür verwendet?
Bei chemischen Reaktionen handelt es sich immer um Gleichgewichtsreaktionen. Das bedeutet, im Reaktionsraum liegen Reaktanden und Produkte in einem dynamischen Gleichgewicht vor, welches von der Thermodynamik, der Bildungs- bzw. Zerfallsenthalpie und der Kinetik der Hin- bzw. Rückreaktion definiert ist. Trotzdem sind manche Gleichgewichte zum Beispiel bevorzugt in Richtung der Ausgangsstoffe verschoben, da diese energetisch günstiger sind (endotherme Reaktionen). Die Kinetik kann in diesem Fall „überlistet“ werden, indem ein (Neben-) Produkt kontinuierlich aus dem Reaktionsraum entfernt wird, und so die Rückreaktion mangels Reaktionspartner unterbunden wird, was sich besonders bei Gasreaktionen anbietet. In Membranreaktoren wird ebendieser Trick durch die Diffusion der permeablen Ionen durch eine Membran angewandt.
Die Diffusion der permeablen Ionen durch die Membran ist jedoch passiv und hängt vom Partialdruckgefälle der Ionensorte innerhalb der Membran ab. Das Mobilisierungslevel der Ionen, wie zum Beispiel die Katalytische Ionisierung oder die Diffusionsgeschwindigkeit durch die Membran, bestimmt das Delta dieses Partialdruckgefälles und damit die Effizienz der Membran. Diese Teilaspekte sowie der meist stark endotherme Ionisierungsschritt der chemischen Reaktion gewinnen mit steigender Temperatur an Geschwindigkeit. Die effizientesten Prozessführungen von Membranreaktoren werden bei Betriebstemperaturen zwischen 500 °C und 900 °C beobachtet. Nun wird klar, warum die Membran aus einem hitzebeständigen Material wie Keramik bestehen muss.
Welche Keramiken werden verwendet?
Die Entwicklung einer effizient ionenleitenden Keramik ist Grundlagenforschung auf hohem Niveau, die von Universitäten und Großforschungseinrichtungen geleistet wird. Kristallchemische Grundlage ist eine Kristallstruktur, bei der Metallatome einem Sauerstoff-Teilgitter gegenübergestellt sind. Verschiedene Metalloxide werden so gemischt und synthetisiert, dass es durch Valenzunterschiede zur Bildung von Leerstellen im Sauerstoff-Teilgitter kommt. Über diese Leerstellen kann nun die Ionenleitung erfolgen – so zum Beispiel an der Membran entstehende O2--Ionen, die durch Aktivierung in die Membran eingeschleust und über die Leerstellenstruktur durch die Membran gereicht werden. Auf der Membranrückseite kommt es anschließend zu einer katalytischen Rekombination und dem raschen Fortschwemmen des Rekombinationsmoleküls, wodurch das O2--Partialdruckgefälle in der Membran hoch gehalten wird.
Auch für Protonen-Leitung braucht man Sauerstoff-Leerstellen im Membranmaterial, da die Protonen –so eine Modellvorstellung –als Hydroxidionen auf Sauerstoffionen durch die Membran „reiten“. Daher haben O2--leitende und H+-leitende Membrane die gleiche Strukturbasis.
Es sind schon etwa hundert verschieden Materialkompositionen beschrieben worden, welche meistens von der Perowskit- oder der Bixbyit-Struktur abgeleitet sind. Beispielhaft für eine perowskitische Variante sei die von Bariumzirconat abgeleitete Verbindung BaCe0,2Zr0,7Y0,1O3 (BCZY271), wobei die Zirconium-Lage anteilig durch Cer und Yttrium substituiert ist. Beispielhaft für eine bixbyitische Variante sei Lanthanwolframat La6-xWO12-δ genannt, bei der etwa 1/3 einer der Lanthan-Lagen durch Wolfram substituiert ist. Beide Keramiken besitzen die notwendige thermische und thermo-chemische Stabilität, um bei den aggressiven Reaktionsbedingungen im Membranreaktor zu bestehen.
Wie wird eine keramische Membran hergestellt?
Optimierte Membranen sollten so dünn wie möglich sein, um die Diffusionswege klein zu halten. Membrandicken von 10-30 µm zeigen Effizienzmaxima, müssen dabei aber 100% gasdicht sein. Derart dünne Membranen sind freitragend über die gewünscht große Fläche nicht bruchstabil genug. Ein gasdurchlässiger mechanisch stabiler Träger ist erforderlich, der die Membran periodisch stützt.
Hier kommen nun Additive Fertigungsmethoden ins Spiel, die in möglichst wenigen Arbeitsschritten Membran und Supportstruktur aufbauen. Insbesondere bei einem zweischrittigen Aufbau muss darauf geachtet werden, dass die Membran und der Supportteil aus dem gleichen oder einem sehr ähnlichen Material bestehen, um beim Sinterungsprozess weniger Spannungen aufzubauen, die zu Verbiegungen oder Rissbildungen führen, aber auch, um die Kristallstruktur der Membran nicht zu verunreinigen oder vollständig zu verändern.
Die nächsten Abbildungen zeigen Membran-Stützstruktur-Baugruppen aus Lanthanwolframat im Entwicklungsstadium vor dem Aufbringen der Katalysatorbeschichtungen. Herstellungsmethode ist der 3D-Siebdruck , mit dem sich dichte und filigrane Strukturen aufbauen lassen. Als Supportstruktur ist mittels filigraner Kreuzwandung eine flache Kanalstruktur realisiert, im Durchlicht (Mitte) ist die Homogenität und geringe Schichtdicke der Membran zu erahnen. Im Rasterelektronenmikroskop wird die geringe Dicke deutlich (Rechts).
Ein Beispiel für eine zweistufige Herstellung von Membran-Stützstruktur-Bauteilen ist die Kombination auf Foliengießen für die Membran und Material Extrusion für die Stützstruktur.
Wenn Sie mehr über die Additive Fertigung von keramischen Membranen wissen möchten, sprechen Sie uns einfach an.
Wenn sie mehr über die Entwicklung von Membranmaterialien wissen möchten, sei Ihnen die Homepage des Instituts für Energie- und Klimaforschung (IEK) des Forschungszentrums Jülich empfohlen.
1) Deibert, W., Guillon, O., Ivanova, M. E., Baumann, S., Meulenberg, W. A.; Ion-conducting ceramic membrane reactors for high-temperature applications; Journal of Membrane Science, 543, 2017, 79-97