Keramik vs. Kunststoff – Warum sind Keramiken zumeist teurer als Plastik?

Keramik und Kunststoff im Alltag

Jeder ist bereits auf vermeintlich teure Keramiken im Alltag gestoßen: Sei es das Sonntagsgeschirr, das Keramikmesser oder das Waschbecken im Badezimmer. Vergleicht man nun diese Preise mit denen von alltäglichen Kunststoffgegenständen – Gartenstühlen, Bechern oder Toilettenbrillen – so bekommt man schnell den Eindruck, dass Gegenstände aus Keramik immer teurer sind als welche aus Kunststoff. Ist das gerechtfertigt und stimmt das überhaupt? Um der Fragestellung auf den Grund zu gehen, müssen wir die beiden Werkstoffgruppen zuallererst etwas genauer unter die Lupe nehmen.

Was macht Keramik so besonders?

Keramik ist nicht gleich Keramik und tatsächlich ist sie nicht nur in Gegenständen vorhanden, denen wir alltäglich begegnen.

Denn: Die Bereiche, in denen Keramiken eingesetzt werden, sind vielfältig. Als Beispiel können wir folgende Bereiche betrachten in denen die Keramik Anwendung findet:

  • als Baukeramik: z.B. Ziegel, Dachziegel oder Klinker
  • als feuerfeste Keramik: z.B. Ofenauskleidungen
  • oder auch als technische Keramik für Fadenführer in der Textilindustrie

Grundsätzlich kann Keramik mit unterschiedlichen positiven Eigenschaften glänzen. So besitzen insbesondere technische Keramiken häufig eine hohe Härte, eine hohe Verschleißbeständigkeit, sowie eine hohe Korrosionsbeständigkeit. Insbesondere die meist hohen Schmelztemperaturen von Keramiken machen sie in Bereichen, in denen es auch mal 1600 °C heiß werden kann, zum Werkstoff er Wahl. Innerhalb der Werkstoffgruppe Keramik können aber auch gegensätzliche Eigenschaften auftreten, wenn man zwei Materialien vergleicht: So kann Siliciumcarbid als Widerstandsheizelement in Industrieöfen eingesetzt werden, während Porzellan als elektrischer Isolator für Hochspannungsleitungen Anwendung findet.

Hiermit ist natürlich nur ein kleiner Überblick über den Werkstoff gegeben, dennoch sind die (positiven) Eigenschaften deutlich zu erkennen.

Was sind Kunststoffe und wozu werden sie benötigt?

Das Wort „Kunststoff“ bezeichnet im Volksmund zumeist synthetische Kunststoffe, welche man als künstlich hergestellte Polymere (Verknüpfung kleinerer Moleküle) beschreiben kann.

Polymere sind in einer Vielzahl von Anwendungen zu finden und aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken – die PET Flasche zum Transport von Flüssigkeiten oder das Gehäuse der Computermaus, mit welcher sie vermutlich diesen Beitrag angeklickt haben.

Dieses breite Anwendungsfeld kommt nicht von ungefähr. Kunststoffe können vergleichsweise kostengünstig aus Erdöl hergestellt werden und können je nach Sorte eine Vielzahl an Eigenschaften besitzen. So gibt es steife, biegsame oder elastische Kunststoffe – alle mit eigenen Anwendungsnischen.

Was beeinflusst den Preis der Bauteile?

1. Der Rohstoffpreis

In erster Linie gilt es, das Rohmaterial des Werkstoffs, welcher im jeweiligen Bauteil verwendet werden soll, zu gewinnen. Rohstoffe für Keramiken werden zumeist im Tage- oder Untertagebau abgebaut. Je nach Material gilt es diesen im Anschluss weiterzuverarbeiten. Hier gibt es große Unterschiede:

Ton – eine Mischung aus verschiedenen Schichtsilikaten – wie er für Fliesen verwendet wird, ist einer der wohl günstigsten keramischen Rohstoffe. Das liegt unter anderem daran, dass das Material nicht „rein“ sein muss und ganz salopp gesagt „aus dem Tagebau direkt in den Ofen“ gegeben werden könnte. Hingegen kostet die Hochleistungskeramik Zirconiumoxid, welche beispielsweise für Hüftgelenkimplantate zum Einsatz kommt, bereits das Tausendfache, da das Ausgangsmaterial (meistens Zirkon) nach dem Abbau noch aufgearbeitet werden muss. Noch kostenintensiver ist zum Beispiel Yttrium-Barium-Kupferoxid, welches aufwändig synthetisiert werden muss, dann aber bei -181°C supraleitend ist. Hierbei belaufen sich die Kosten nochmals auf ca. das 100-fache von Ton. Das Problem bei all diesen Rohstoffen: Nur die wenigsten können nach dem Einsatz einfach recycelt werden.

Wie bereits zu Beginn des Artikels erwähnt, werden Kunststoffe zumeist aus einem Rohstoff gewonnen: Erdöl. Aufgrund der vielfältigen Anwendungsbereiche und der großen Nachfrage nach Energie wird Erdöl heutzutage in sehr großen Mengen gefördert und ist dementsprechend vergleichsweise günstig. Die im Erdöl enthaltenen Kohlenwasserstoffe bilden die Basis für die Herstellung der meisten Polymere. Zudem können einige Kunststoffe leicht wiederverwertet werden, was die Pfandrückgabe von Getränkeflaschen zeigt.

Auch wenn Preisunterschiede bei den Kunststoffen vorhanden sind, so variieren diese nicht so stark wie bei den Keramiken. Selbst Hochleistungskunststoffe wie PEEK sind nicht um Faktor 1000 teurer als herkömmliche Kunststoffe wie PET o2. der ABS.

2. Die Herstellungskosten

Zur Herstellung von Keramikbauteilen muss in erster Linie ein sogenannter Grünling (in Form gebrachte keramische Masse) hergestellt werden. Grünlinge können durch verschiedene Verfahren wie Pressen, Extrudieren oder Gießen hergestellt werden. Auch Verfahren des 3D-Drucks wie das Binder Jetting oder die Material Extrusion stellen in einem ersten Schritt einen Grünling her. Dieser Grünling muss nun bis auf wenige Ausnahmen einem Brennprozess, dem sogenannten Sinterprozess, unterzogen werden. Dieser Teil des Herstellungsprozesses ist vergleichsweise kostspielig, da hierbei hohe Temperaturen (ca. 1600°C bei Aluminiumoxid) erreicht und gehalten werden müssen.

Während Kunststoffbauteile ebenfalls durch Pressen, Extrudieren oder Gießen hergestellt werden, entfällt der Sinterprozess bis auf wenige Ausnahmen. Auch auf ein Nachbearbeiten kann i.d.R. verzichtet werden.

Fazit

Die Ausgangsfrage ist daher wie so häufig nicht pauschal zu beantworten. Ja, grundsätzlich ist erkennbar: Die Rohstoffkosten für Keramiken sind in den allermeisten Fällen höher als die der Hochleistungskunststoffe und auch die Herstellungskosten sind meistens höher – insbesondere, wenn es sich bei den keramischen Bauteilen nicht um Massenprodukte wie z.B. Ziegel handelt. Bei dem Vergleich ist es jedoch wichtig zu wissen, welche Materialien in Betracht gezogen werden – und wo diese zum Einsatz kommen. Denn es gilt zu beachten, dass die höheren (Anschaffungs-) Kosten für Keramiken in manchen Bereichen mit einem erheblichen Mehrwert einhergehen können. Nicht nur kann die Standzeit einer Maschine durch den Ersatz von Kunststoffelementen durch Keramik verlängert werden – Kunststoffe werden vermutlich nicht leichtfertig den Porzellan-Isolator der Hochspannungsleitung ersetzen können.

Bild: „3D-Druck hilft im Arbeitsalltag“ – 3d gedrucktes Kunststoff-Adapter und 3d gedruckte Sinterunterlage aus Aluminiumoxid

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