Eine neue Generation von Bauteilen

Warum sollte man die Vorteile zweier Werkstoffe, wie z.B. die von Metall und technischer Keramik, in einem Bauteil kombinieren und wie ist das möglich?

Sogenannte Hybridwerkstoffe stellen ebendiese Kombination aus zwei verschiedenen Werkstoffarten dar und reizen Vorteile dieser aus, während Nachteile kompensiert werden. Es gibt allerdings Hybridwerkstoffe unterschiedlicher Art, welche im Folgenden vorgestellt werden.

Bauteile mit homogenem Mischverhältnis

In der Industrie finden Hybridwerkstoffe in unterschiedlichsten Bereichen eine Anwendung. Bei Schneid -/ und Zerspanwerkzeugen kann die Härte durch eine Keramik erhöht werden, während das Metall ein zähes Verhalten aufweist. Die Keramik wird dabei durch das Metall zusammengehalten.

Struktur des Materials bei homogenem Mischverhältnis

Die Kombination aus werkstoffübergreifenden Mischungen und der geometrischen Freiheit des 3D-Drucks leitet eine neue Generation von hybriden Bauteilen ein. So ist es beispielsweise möglich, neben der hohen Härte eines Schneidwerkzeugs, auch den Wärmetransport durch innere Kühlkanäle zu optimieren.

WZR hat erste Versuche mit einem 316L Edelstahl als Matrix und Aluminiumoxid als härtesteigernden Zusatz durchgeführt. Das Material wurde in unterschiedlichen Mengenverhältnissen angemischt und durch unseren Material-Extrusions-Drucker WASP 2040 Clay gedruckt.

Zugstäbe auf Sinterunterlage vor dem Sintervorgang

Aufgrund der metallischen Matrix wurden Zugstäbe als Versuchskörper gedruckt und anschließend gesintert.

Erste Ergebnisse wiesen folgendes Gefüge nach dem Sintern auf:

Gefüge eines Hybridwerkstoffs

In der versinterten, metallischen Matrix sind einzelne Aluminiumoxidpartikel zu erkennen. Dennoch sind vereinzelt Poren zu erkennen, weshalb weitere Sinterversuche durchgeführt werden müssen.

Bei der Prüfung im Zugversuch zeigte sich ein eher keramisch-typisches Verhalten: Die Proben brachen in einem Sprödbruch an den Einspannflächen.

Gesinterte Probe nach Durchführung des Zugversuchs

Grundsätzlich ist ein verändertes Verformbarkeitsverhalten bei der Kombination aus Keramik und Metall nicht verwunderlich. Die höhere Härte, die durch das Aluminiumoxid erreicht werden kann, schlägt auf die elastische Verformbarkeit und begünstigt somit einen Sprödbruch. In zukünftigen Versuchen werden wir daher auf Prüfverfahren für spröde Werkstoffe zurückgreifen, wie zum Beispiel die Methode der 3-Punkt-Biegeprüfung.

Multi-Material mit deutlicher Grenze

Neben der gemischten Verteilung beider Komponenten können Materialien auch in klar abgegrenzten Bereichen im Bauteil vorliegen. Durch eine solche Multi-Material Struktur lassen sich elektrische Leiterbahnen (beispielsweise aus MoSi) in einen Isolator drucken. Ein Praxisbeispiel dazu finden Sie hier.

Multi-Material-Struktur mit deutlicher Abgrenzung

Multi-Material kann aber auch prozessunterstützend wirken: Um Support-Strukturen einfacher entfernen zu können, ist es möglich, diese aus einem z.B. wasserlöslichen Material gleichzeitig mit dem Bauteil an kritischen Stellen zu drucken. Dadurch bieten sie Halt während des Drucks von komplexen Strukturen, lassen sich aber im Anschluss einfach von dem Bauteil lösen.

Material mit Funktionsgradient

Das Formgebungsverfahren der additiven Fertigung ermöglicht es zudem, das Mischungsverhältnis der Komponenten in einem Bauteil zu variieren – eine Möglichkeit, die der Spritzguss oder das Gießen und Pressen nicht in derselben Präzision und Genauigkeit bieten. So können Bauteile mit einem sogenannten „Funktionsgradienten“ hergestellt werden. Das bedeutet, dass die Verteilung der unterschiedlichen Materialkomponenten nicht im gesamten Bauteil gleich ist, sondern das Verhältnis eines Materials zu dem anderen über eine Strecke zunimmt. Dadurch können beispielsweise thermische Spannung bei steigender Temperatur leichter abgefangen werden.

Um ein Material mit Funktionsgradient im Verfahren der Materialextrusion herzustellen, kann ein Mischextruder zum Einsatz kommen, welcher Komponente A und B vermischt. In Bereichen, in welchen ein höherer Anteil A vorkommen soll, kann der Mischextruder entsprechend reagieren und so diesen erhöhen. Dadurch kann beispielsweise ein Bauteil hergestellt werden, welches an Randbereichen eine höhere Härte, innen allerdings eine hohe Zähigkeit aufweist.

Multi-Material-Struktur mit Funktionsgradient

Kombination aus mehreren Multi-Material Konzepten

Doch nicht nur die Materialextrusion kann für die Herstellung von hybriden Bauteilen verwendet werden. Das Binder Jetting mit partikelgefüllten Tinten eröffnet weitere Möglichkeit von Multi-Material Konzepten: Die lokale Modifikation des Gefüges. So kann beispielsweise an Stellen, an denen eine Verstärkung des Bauteils notwendig ist, eine entsprechende Gefügeverstärkung vorgenommen werden. Mit mehreren Druckköpfen ist es sogar möglich, mehr als nur eine partikelgefüllte Tinte zu verdrucken und somit noch ein weiteres Material in ein Bauteil zu bringen.

Kombination aus mehreren Multi-Material Konzepten

Auch metall-organische Verbindungen sind denkbar. Dabei liegt das sekundäre Material nicht in Partikelform, sondern als metall-organische Verbindung in der Tinte vor, welche während des Sinterprozesses Metalloxide bildet und im Anschluss fein verteilt im Gefüge vorliegt.

Um nun wieder auf die Anfangsfrage zurückzukommen:  Wie die vorher aufgeführten Einsatzmöglichkeiten zeigen, gibt es gute Gründe für die Auswahl einer Multi-Material Struktur. Dabei muss allerdings beachtet werden, dass verschiedene physikalische Größen, wie beispielsweise die thermische Dehnung der beiden Materialien, aufeinander angepasst werden müssen. Außerdem müssen ggf. Kompromisse bei bestimmten Material-Kombinationen eingegangen werden, wie in dem Beispiel der MEX-Zugstäbe zu sehen ist.

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